Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit zwei aktuellen Urteilen (Az. I R 47/21 und I R 39/21) wichtige Maßstäbe dafür gesetzt, wann Einkünfte aus einer ausländischen Betriebsstätte in Deutschland steuerfrei sind. Das betrifft insbesondere Unternehmer mit Tätigkeiten im Ausland – wie etwa in der Schweiz – und ist für grenzüberschreitend tätige Unternehmen von großer Bedeutung.
Was ist eine ausländische Betriebsstätte – und warum ist das wichtig?
Wer dauerhaft eine Betriebsstätte im Ausland unterhält, kann seine dort erzielten Einkünfte in Deutschland von der Besteuerung freistellen lassen – jedenfalls dann, wenn ein entsprechendes Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) greift. Die Gewinne unterliegen dann nur im Ausland der Steuer, in Deutschland werden sie nur im Rahmen des Progressionsvorbehalts berücksichtigt.
BFH-Fall I R 47/21: Schweizer Büro als steuerfreie Betriebsstätte
Im ersten Fall hatte ein in Deutschland ansässiger Taxiunternehmer regelmäßig ein Büro in der Schweiz genutzt. Er war Mitglied einer dortigen Funkzentrale und hatte dauerhaft Zugang zu einem mit drei Arbeitsplätzen ausgestatteten Büroraum, den er mit zwei weiteren Unternehmern teilte. Vor Ort erledigte er unter anderem:
- Personalverwaltung,
- Buchhaltung,
- Rechnungswesen und Finanzkontrolle,
- sowie die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben.
Obwohl er keinen Alleinzugriff auf das Büro hatte, bestätigte der BFH: Die Nutzung war hinreichend dauerhaft und betrieblich verwurzelt, um eine steuerfreie Betriebsstätte im Sinne des DBA Deutschland–Schweiz anzunehmen. Besonders entscheidend war, dass keine bloßen Hilfstätigkeiten, sondern wesentliche unternehmerische Leitungsfunktionen vor Ort ausgeübt wurden. Ein eigener abschließbarer Container am Arbeitsplatz untermauerte die Verfügungsmacht über die Betriebsstätte.
BFH-Fall I R 39/21: Mindestdauer von sechs Monaten erforderlich
Im zweiten Urteil stellte der BFH klar: Damit eine Betriebsstätte steuerlich anerkannt wird, muss sie mindestens sechs Monate dauerhaft genutzt werden – sowohl hinsichtlich der Einrichtung als auch der ausgeübten unternehmerischen Tätigkeit. Ein Unternehmen, das beispielsweise nur vier Monate aktiv ist, kann sich nicht auf die Steuerfreistellung berufen, selbst wenn sämtliche Aktivitäten im Ausland stattfanden.
Fazit: Steuerfreie Auslandstätigkeit – aber nur mit Substanz
Die Urteile zeigen: Wer sich auf eine steuerfreie Betriebsstätte im Ausland berufen will, muss Substanz vor Ort nachweisen – durch
- eine dauerhaft verfügbare Geschäftseinrichtung,
- eigene Nutzungsrechte (z. B. Büroraum, Container etc.),
- und unternehmerisch relevante Tätigkeiten.
Hilfstätigkeiten oder kurzfristige Engagements reichen nicht aus. Für Unternehmer mit Auslandsbezug lohnt sich eine strukturierte Planung – insbesondere zur Einhaltung der Sechs-Monats-Grenze.
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Rechtsanwalt Daniel Purbs
Fachanwalt für Steuerrecht
Zertifizierter Berater für internationales Steuerrecht