Das Hessische Finanzgericht (FG) hat mit Urteil vom 07.10.2024 (Az. 6 K 443/22) entschieden, dass die entgeltliche Erstellung von Schein- und Abdeckrechnungen über nicht erbrachte Bauleistungen eine umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG darstellt. Diese Entscheidung steht im Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), der solche Vorgänge strafrechtlich als nicht umsatzsteuerbar eingestuft hatte.
Hintergrund des Urteils
Im vorliegenden Fall wurden Scheinrechnungen erstellt, um die Barentlohnung von Schwarzarbeitern buchhalterisch zu verschleiern. Die Vorgehensweise umfasste:
- Überweisung des Rechnungsbetrags an einen Schein-Subunternehmer
- Sofortige Abhebung des Betrags durch Hinterleute
- Rückführung des Bargelds an den Rechnungskunden abzüglich einer Provision
Das FG bewertete diese Handlungen als einheitliche, umsatzsteuerpflichtige Leistung, da sie ein komplexes Dienstleistungspaket darstellten, das über die bloße Erstellung von Scheinrechnungen hinausging. Insbesondere die Organisation der Geldflüsse wurde als gleichwertiger Bestandteil der Leistung angesehen.
Relevanz für Unternehmen
Diese Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen für Unternehmen, die in der Vergangenheit Schein- oder Abdeckrechnungen genutzt haben. Es besteht das Risiko, dass solche Vorgänge nunmehr als umsatzsteuerpflichtige Leistungen eingestuft werden, was zu erheblichen steuerlichen Nachforderungen führen kann.
Der Fall ist derzeit beim Bundesfinanzhof (BFH) unter dem Aktenzeichen V R 21/24 anhängig. Eine endgültige Klärung der Rechtslage steht somit noch aus.
Fazit
Unternehmen sollten ihre Buchhaltungs- und Abrechnungspraktiken sorgfältig überprüfen und sicherstellen, dass alle Leistungen ordnungsgemäß dokumentiert und versteuert werden. Die Nutzung von Scheinrechnungen kann nicht nur strafrechtliche Konsequenzen haben, sondern auch zu erheblichen steuerlichen Belastungen führen.
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Rechtsanwalt Daniel Purbs
Fachanwalt für Steuerrecht
Zertifizierter Berater für internationales Steuerrecht